Gestalten
Wir gestalten. Was passiert da genau?
Gestalten ist immer Entscheiden. Was will ich gestalten? Mein Leben, mein Denken, meine Geburtstagsfeier? Welches sind meine Motive? Meine Werkzeuge, meine Mittel und Möglichkeiten? Hindernisse? Gehe ich diesen Weg oder jenen?
Ich gestalte schon das Gestalten, indem ich unterscheide, was in die Gestaltung kommt. Damit markiere ich meinen „Arbeitsraum“ und grenze ihn ab von allem „außerhalb“.
Beobachten
Meine Gestaltungen kommen in die Kommunikation! Ich bin nicht allein, ich kann nicht nicht kommunizieren, wie uns Paul Watzlawick sagt! Ich bin immer auf einem Marktplatz für Anschlussfähigkeit und erhalte dort immer eine Antwort, so oder so. Der Markt zwingt mich auch, als Beobachter meine Unterscheidungen zu unterscheiden … ich komme so zu neuen, anderen Unterscheidungen und damit zu neuem Gestalten. Auf einem neuem Markt.
Viele Wirklichkeiten
Das System dieses Kreislaufs macht mein Leben aus, meine Wirklichkeit. Ich kann jederzeit auch anders entscheiden und unterscheiden. So schaffe ich andere Gestaltungen, andere Wirklichkeiten.
Dieser Gedanke – er ist im Übrigen selbst eine Gestaltung! – mag Angst verursachen. Angst vor Komplexität und dem schier unendlich großen Raum der Möglichkeiten für unser Gestalten, ohne Anfang oder Ende.
Die Türsteher
Dagegen helfen wir uns gern, indem wir unsere Unterscheidungen als alternativlos und wahr absichern, die Grenze befestigen und das Außerhalb ausblenden und sogar zu verbieten versuchen (siehe cancel culture). Wir wählen den Markt der Kommunikation danach aus, wie sicher (siehe safe space) wir dort Lob und Bestätigung erwarten können.
Alle Unterscheidungen, die uns nicht gefallen, die wir als Angriff fürchten, nennen wir „Diskriminierung“. Das lateinische Wort discriminare bedeutet unterscheiden, wertfrei, also weder gut noch böse. Erst vor etwa einhundert Jahren hat sich die Moral eingeschlichen. Und heute ist diskriminieren ein Kampfbegriff für Zeitgenossen, die sich als die Türsteher des objektiv „guten“ Unterscheidens aufstellen. Das ist zwar wiederum diskriminierend, aber das blenden diese Gesinnungs-Dogmatiker gern aus.
Struktur im Dschungel
Das Denken und Handeln in Unterscheidungen können wir als nützliches Schubladensystem auffassen: Unsere Unterscheidungskategorien helfen dabei, die Komplexität im Raum der Möglichkeiten zu strukturieren. Wir machen die Komplexität handhabbar. So werden wir zum Gestalter. Auf dem Marktplatz prüfen wir die Resonanz: Hat sich die Struktur, also das Schubladensystem bewährt? Oder brauchen wir für bessere Gestaltungen andere Schubladen? Ohne Schubladen geht es nicht. Denn das würde bedeuten, daß wir nicht unterscheiden, nicht entscheiden und nicht gestalten. Das ist so wenig möglich wie das Nicht-Kommunizieren.
Jedem seine Schubladen!
Unsere Schubladensysteme sind höchst individuell, abhängig vom Zusammenhang und zeitlich begrenzt haltbar. Da gibt es die schöne Geschichte vom Taxifahrer, den wir fragen, ob er uns fährt. „Klar!“ sagt er „Ich fahre auch Tierfutter.“. Und wir sagen erstaunt: „Aber wir sind doch kein Tierfutter!“. Darauf er: „Das kommt auf das Tier an.“.
Der Taxifahrer filtert seine Fahrgäste also auf seine Art, mit seinem Stempelsystem.
Noch ein Beispiel? Heute wird gern das Mensch-Maschine-Thema diskutiert. Wir denken eine Unterscheidung zwischen Mensch und Maschine und prüfen die Konsequenzen daraus. Das kann uns dazu veranlassen, diese Unterscheidung aufzugeben. Wir können auch Mensch gegen Tier abgrenzen. Und siehe da: In diesem veränderten Kontext belegen wir den Mensch mit anderen Beschreibungskategorien. Der Mensch kann also verschiedene Wirklichkeiten annehmen, je nachdem wie wir unterscheiden.
Das AHA-Spiel
AHA will den Unterschied. Auf unseren AHA-Reisen fordern wir auf: „Mach einen Unterschied!“. Gestalte! Lass den Markt sprechen … beobachte deine Unterscheidung und mach einen neuen Unterschied. Erzähl deine Geschichte (weiter) und schaffe neue Wirklichkeiten.
Unser wichtigstes methodisches Hilfsmittel ist der Reiz des Anderen, der die Lust auf spielerisches Unterscheiden machen soll. Schubladen sind gut! Es leben die neuen Schubladen!